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sende sich nicht mehr zu fürchten: jene Schiffe widerstehen dem heftigsten
Sturme. Die Fischer aber, welche in leichten Kähnen das Gewässer
befahren, erkennen meistens an vorausgehenden Zeichen die Gefahr und
flüchten in einen Hafen. Fische halten sich zahlreich und gern in dem
klaren Gewässer auf, welches noch den Vortheil gewährt, daß es nur
selten zufriert. Außer vielen andern Arten, zum Theil von beträcht-
licher Größe, fängt man jährlich eme ungeheure Menge sogenannter
Blaufellchen, welche für eine Leckerei gelten. Natürlich ziehen sich nach
einer solchen Nahrungsquelle auch viele flschfreffende Vögel, Reiher,
Strandläufer, sogar Möven und Taucher. Die Ufer des Sees
sind sanft aufsteigend und herrlich mit Früchten, Obst und Wein an-
gebaut. Die höheren Berge der Schweiz erblickt man nur in der Ferne.
Besonders lieblich nehmen sich aber die zwei kleinen Inseln aus, welche
in den Erweiterungen des Sees gegen den Ausfluß des Rheins hin
liegen, dort wo die alte Stadt Konstanz hervorragt. Wie schön
es an dem See sein muß, sieht man auch daran, daß fünf ver-
schiedene Staaten sich ein Stück seines Ufers angeeignet haben: im
Süden^die.schweiz, westlich Baden, nördlich Würtemberg und
Bayern, östlich Österreich, welches mit seinem Tyroler Lande
daran stößt.
"Wiederliolungssragen! —
Zeichnen und Beschreiben! —
Ss Das Königreich Würtemberg.
(24.)
Das Königreich Würtemberg liegt östlich vom Großherzogthum
Baden. Es ist im Süden von der Donau und im Norden von dem
Neckar, einem Nebenflüsse des Rheines, durchflossen. Die weiten
Ebenen, welche von diesen Flüssen und vielen anderen Bächen und
Flüßchen bewässert werden, sind fruchtbar. Aber so ist es nicht überall;
denn die rauhe oder schwäbische Alp, ein unfruchtbares Kalkstein-
gebirge, mit schroffen Felsen und bedeutenden Höhlen, durchzieht das
Ländchen.
Die Bewohner Würtembergs sind Schwaben, welche einst einen
Hauptstamm der deutschen Völker ausmachten. Die Schwaben
sind treu, herzlich, dabei fleißig und zu vielerlei Geschäften tüchtig. Auf
den 360 Quadratmeilen, welche das Land enthält, wohnen 1,818,000
Menschen, also auf einer Quadratmeile 5000. Da muß fleißig gear-
beitet werden, wenn jeder sein Brod finden will. Das thun denn
auch die Würtemberger; viele aber wandern auch aus und suchen in
der Ferne eine neue Heimath, oder treiben auswärts Handel, wie die
schwarzwälder Uhrmacher. Dabei behalten sie jedoch immer
große Anhänglichkeit an ihre Heimath, und verlieren niemals ihre
schwäbische Mundart, welche zwar breit, aber zugleich sehr gut-
müthig klingt.
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee]]
TM Hauptwörter (200): [T93: [Bayern Baden Hessen Württemberg Königreich Sachsen Franken Schwaben Land Rhein], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch], T139: [Donau Rhein Main Tiefebene Teil Jura Alpen Tiefland Gebiet Fluß], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
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3. Der kleine Hirt.
(I. Musterstück von Kellner.)
(Wortfamilie des Wurzelwortes: Treiben.)
Moritz trieb oft des Vaters Kühe und Schafe hinaus auf die
blumigen Triften. Besonders gern betrieb er dies Geschäft im Früh-
linge, wo alle Bäume und Sträucher lustig frisches Grün trieben.
Dann lagerte sich Moritz an einem sonnigen Hügel und schaute umher.
Er bewunderte den Kunsttrieb der Vögel, mit dem sie Strohhälmchen
und Flocken Wolle zum Bau der Nester auftrieben und vertrieb
sich die Zeit mit Beobachtung seiner Heerde.
Da kam Friedrich, ein Schulkamerad, herbei und sagte: Komm,
Moritz,, wir wollen uns ein Stündchen im nahen Walde umhertreiben;
deine Heerde bedarf keines so aufmerksamen Treibers. Moritz aber
zeigte dem Freunde mit triftigen Gründen, daß er seine Schafe nicht
verlassen dürfe. Sie würden als Thiere, die nur ihren Naturtrieben
folgen können, bald gegen das Triftrecht sündigen und den Äckern
unserer betriebsamen Nachbarn Schaden thun. Diese würden meine
Eltern verklagen, und der Einnehmer würde die festgesetzte Strafe schon
beitreiben. Mir fehlt es auch hier nicht an Zeitvertreib. Frie-
drich sagte: Du hast Recht, bleibe nur; ich will sehen, ob ich einen
andern Kameraden auftreiben kann. Noch oft wurde die Heerde
von Moritz aus getrieben; aber immer zeigte sich der kleine Hirt so
eifrig und pflichttreu.
Ä. Das Neh,
welches kaum die Größe und Schwere einer Ziege erreicht und manche
Ähnlichkeit mit derselben besitzt, ist eins der niedlichsten Säugethiere
in Deutschland. Seine großen Hellen, blauen Augen, seine schlanken
Beine, der aufwärts getragene Hals, seine röthlich braune Farbe geben
ihm schon ein gutes Aussehen, welches Lei dem Bocke noch durch das
zwar nicht vielzackige, aber doch kräftige Geweih vermehrt wird.
Vollends die weiß gefleckten Zicklein sind so liebliche Geschöpfchen,
daß man sie gern zum Vergnügen aufzieht. Sie werden auch wirklich
äußerst zahm, die Böcke jedoch, sobald die Hörner durchstoßen, oft
boshaft und gefährlich. Die Leichtigkeit ihrer Sprünge ist eben so groß,
als die Schnelligkeit ihres Laufes. Kein Jagdhund vermag ein Reh
einzuholen, zumal^ da es voll List seine Richtung bald hierhin, bald
dorthin ändert. Übrigens lassen sie sich auch nicht leicht auf fteiem
Felde jagen, sie lieben den Wald, besonders niedriges Gehölz, und
kommen nur vorsichtig heraus, um auf dem Felde zu grasen. Sumpfige
Gegenden gefallen ihnen so wenig als steile Berge, heiße Länder'so
wenig, als ganz kalte. Deshalb findet sich das Reh auch vorzugsweise
in Deutschland, und seine List und Schnelligkeit haben es bisher vor
Ausrottung bewahrt. Doch schießen ordentliche Jäger auch nicht leicht
eine Rehkuh, besonders nicht zu der Zeit, wo sie Junge hat, sondern
nur Böcke oder junge Thiere. In manchen Gegenden aber locken die
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
96
nichts in der Hand, als seine Geige, und in der Angst fängt er an,
da vor dem geöffneten Wolfsrachen alle seine Stücklein aufzuzeigen, die
ihm aber diesmal selber gar nicht lustig vorkamen. Dem Wolf mußte
aber diese Musik ganz besonders schön und rührend vorkommen, denn
das dumme Vieh fing an überlaut zu heulen, was wohl, wie bei un-
seren musikalischen Hunden, wenn sie Sang und Klang hören, gesungen
heißen sollte. Die anderen Wölfe draußen im Walde, da sie ihren Kame-
raden drinnen in der Grube so singen hörten, stimmten auch mit ein, und
ihr Geheul kam manchmal so nahe, daß das Geigerlein, an welchem
kaum ein einziger Wolf satt geworden wäre, geschweige zwei, jeden
Augenblick fürchten mußte, es käme noch ein anderer, auch wohl noch
dritter und vierter Gast zu seinem Bischen Fleisch in die Grube hinein.
Unser Capellmeister in der Wüste guckte indeß einmal übers andere
in die Höhe, ob's noch nicht Tag werden wollte, denn das Geigen war
ihm sein Lebtag noch nicht so lang geworden und so ganz sauer und
niederträchtig vorgekommen, als da vor dem Wolfe, und er hätte lieber
Holz dafür hacken wollen, zwanzig Jahre lang alle Wochentage. Ehe
aber der Morgen kam, waren schon zwei Saiten gerissen, und da es
Tag wurde, riß die dritte, und der Geiger spielte nun bloß noch aus
der vierten und letzten, und wäre die auch noch gerissen, so hätte ihm
der Wolf, der durch das viele Heulen, die ganze Nacht hindurch, nur
noch hungriger geworden war, keine Zeit mehr gelassen zum Wieder-
aufziehen, sondern hätte ihn dabei aufgefressen. Da kam zum Glück
der alte Jobst, der Jäger, der den Wolf schon von weitem singen,
den Geiger aber in der Nähe geigen hötte. Dieser zog den Capell-
meister gerade noch zur rechten Zeit von dem hungrigen Wolfe heraus
und erlegte dann diesen. Der Capellmeister ging aber ganz still seines
Weges und nahm sich vor, künftig lieber am Tage und auf geradem Wege
nach Hause zu gehen. Das Geigen im Wirthshause war ihm auch so ganz
verleidet, daß er zu seinen Kameraden sagte, er wollte sich lieber mit
der Nähnadel (denn er war ein Schneider) sein tägliches Brod erzeigen,
und wenn er einmal eins auf Saiten aufspielen wollte, so thäte er's lieber
in der Kirche, als im Wirthshause, denn von dort sei ein gerader und sicherer
Weg nach Hause, sei auch nicht so weit dahin, als vom Wirthshause.
11. Der Maulwurf.
Unter allen Thieren, die ihre Jungen säugen, ist der Maulwurf
das einzige, das seiner Nahrung allein in den dunkeln Gängen unter
der Erde nachgeht. Und an dem einen ist's zu viel, wird mancher
sagen, der an seine Felder und Wiesen denkt, wie sie mit den Maul-
wurfshügeln bedeckt sind, wie der Boden zerwühlt und durchlöchert wird,
und wie die Gewächse oben absterben, wenn das heimtückische Thier
unter den Wurzeln weidet. Nun so wollen wir denn Gericht halten
über den Missethäter. Wahr ist's und nicht zu läugnen, daß er durch
seine unterirdischen Gänge hin und wieder den Boden durchwühlt und
ihm etwas von seiner Festigkeit raubt. Wahr ist es ferner, daß durch
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend]]
TM Hauptwörter (200): [T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch]]
Extrahierte Personennamen: Geiger Jobst Wolf Geiger
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das endlich die umgebende Schale zersprengt und hervordringt. Die
Kraft des schwachen Thierchens, womit es hervorbricht, ist bewunderns-
werth. Wie kann doch überhaupt im Ei, das eines Kindes Finger zu
zerdrücken vermag, solches Leben wohnen! Ja, hier ist Gottes Wallen
13. Die Henne.
Der höchsten Liebe Bild, die Henne sieh, die brütet.
Wie mit der Flügel Schild sie ihre Brut behütet.
Sie hat der Küchlein viel, doch jedes ist gezählt,
Und ruhig ist sie nicht, wenn ihr nur eines fehlt.
Versammeln unter sich wird sie den ganzen Haufen
Wie weit auch sich von ihr die Einzelnen verlaufen.
Wie angelegen läßt sie sich es sein zu locken;
Kannst du, verlaufne Brut, dagegen dich verstecken^
Und lockt dich nicht herbei der Mutterliebe Schrei,
So schrecke dich von dort mit dem Gekreisch der Weih.
Kriech unter, und du bist vor dem Gekreisch geborgen,
Und für dein Futter laß der Mutter Liebe sorgen.
(Rückert.)
16. Das Leben der Singvögel.
Die Singvögel leben sehr vergnügt. Ehe sie noch aus dem Et
schlüpfen, ist ihnen schon die Wiege bereitet, in der sie groß gczogev
werden sollen. Denn wenn sie aus dem Ei kommen, sind sie entweder
ganz nackt oder nur mit einem grauen Flaum bedeckt, und können sich
gar nicht helfen. Doch werden sie dann von den Alten sehr sorgfältig
gefüttert. Sie brauchen nichts zu thun, als wenn der Vater oder die
Mutter kommt, ihre gelben Schnäbelcheu aufzusperren und zu zwitschern.
Dazu deckt sie die sorgliche Mutter des Nachts mit ihren Flügeln zu,
daß sie nicht naß werden und frieren. Sind sie flügge geworden, d. h.
sind ihnen die Federn so weit gewachsen, daß sie fliegen können, so
verlassen sie das Nest und setzen sich auf einen Strauch oder Baum,
freuen sich im Sonnenschein und warten, bis ihnen der Vater oder die
Mutter ein Würmlein, eine Mücke oder ein Käferlein bringt und in
den Schnabel steckt. Denn sich ihre Nahrung selber zu suchen, dazu
sind sie noch zu einfältig. Haben sie endlich auch das gelernt, und
kommt der Winter herbei, so ziehen sie in zahlreicher Gesellschaft, oder
auch einzeln fort, um wärmere Gegenden aufzusuchen und da zu war-
ten, bis der Winter vorbei ist. Wenn dann die Knospen der Bäume
schwellen, wenn die Büsche und Hecken grün werden, ziehen sie wieder
in ihre alte Heimath. Sie verkündigen uns dann durch ihre Wieder-
kunft den Frühling. Da trifft sie indessen manchmal ein Unglück. Sie
lassen sich nämlich bisweilen von warmer Witterung verleiten, zu bald
auf die Reise zu gehen. Kommen dann im März oder April noch kalte
Tage mit Schnee und Frost, so müffen gar manche von den armen
Wanderern erfrieren oder verhungern. Bleibt aber das Wetter warm,
so schlagen sie in einem grünen Busch oder auf einem blühenden Baume
101
ihre Wohnung auf, springen, singen und spielen mit einander nach Her-
zenslust. Auch fangen sie an, Grashalme, Stroh, Haar, Moos, Fe-
dern u. s. w. herbeizutragen, um ihren künftigen Jungen im Verbor-
genen ein warmes und weiches Bett zu bereiten. Darauf legt das
Weibchen Eier und brütet sie aus, während ihm das Männchen etwas
vorsingt. Sind die Jungen ausgekrochen, so hören die Alten ganz auf
zu singen, weil sie nun alle Zeit aus die Versorgung ihrer kleinen Nest-
hocker verwenden müssen. Wenn sie nun alle diese Arbeit treulich ge-
than haben, so steht ihnen noch eine schlimme Zeit bevor, nämlich die
Zeit, in der sie ihre alten Federn verlieren und neue bekommen oder
sich mausen. Während dieser Zeit sind sie kränklich, hören ganz auf
zu singen und verkriechen sich in die dickesten Gebüsche, bis ihnen ihr
neuer Federrock gewachsen ist.
17. Die Schwalbe.
Im Frühjahr, wenn das Eis und der Schnee weggeschmolzen sind,
warme Lebenslüste wehen und die Mücken tanzen und Fliegen summen:
dann kommen die Schwalben zu uns. Wo waren sie im Winter,
von wannen kommen sie? Aus Afrika, weit her, viele hundert Meilen
weit über ein großes Meer, über Berge und Thäler und weite Land-
strecken. Wer hat ihnen gesagt, haß bei uns wieder Frühlingsluft weht,
daß wieder Mücken und Fliegen in der Luft ihr Wesen treiben und zu
ihrer Speise bereit sind? Wer zeigt ihnen den Weg durch die Luft,
wo keine Straße abgesteckt, kein Wegweiser hingestellt ist? Und doch
verliert keines den Weg, jedes kommt wieder am rechten Orte an und
zu rechter Zeit. Diese Schwalbe, die vergangenes Jahr in deinem
Hausflur ihr Nest baute, kommt heuer wieder zu dem ihr wohlbekannten
- Hause, und ihre Söhne und Töchter bauen sich in der Nähe wiederum
ihr Nest, das sie das künftige Jahr wieder heimsuchen. Warum bauen
sie aber das Nest? Wissen sie denn vorher, daß sie Junge bekommen
werden? Sie bauen das Nest gerade so groß, wie es für die Eier
nöthig ist, die sie legen werden, nämlich so groß, daß 6 bis 8 Junge
darin Platz haben, ganz so, als ob ihnen jemand schon im Voraus
gesagt hätte, sie würden 6 bis 8 Eier legen. Das Weibchen macht
zuerst an dem Orte, wo das Nest angebracht werden soll, mit denk
Männchen gemeinschaftlich eine Uickerlage; alsdann setzt es sich auf diese
nieder, dreht den Kopf und die Füße nach allen Seiten hin und her,
mißt den Raum für sich und seine künftige Familie, drückt und knetet
die feuchte Erdmasse, welche das Männchen herbeischafft, fest zusammen
und giebt mit dem Schnabel und den Füßen, so wie durch öfteres
Herumdrehen des Körpers dem Neste diejenige Gestalt und Größe, die
seinen Bedürfnissen auf das Genaueste entsprechen. Sonst verstehen es
meist nur die Weibchen, das Nest zu bauen und einzurichten; bei den
Schwalben verstehen es aber auch die Männchen und helfen getreulich
mit formen, wenn Material genug da ist. Die Schwalben haben kei-
nen Verstand, wie du; sie können nicht denken, wie ein Mensch: und
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
- 102,-
boch handeln sie mit einer solchen Überlegung und solcher Weisheit, daß
sie manche Menschen beschämen könnten. Sie thun jederzeit das Rechte,
weil Gott für sie denkt und ihnen sagt, was sie thun sollen; denn der
Schöpfer ist es, der ihnen das Nesterbauen lehrt und ihnen den Weg
durch den weiten Himmelsraum zeigt. Darum fliegen sie getrost bei
Tag und Nacht, ohne Angst Md Sorge, ob sie auch Nahrung finden
werden: überall, wohin sic kommen, ist ihnen schon der Tisch gedeckt.
Und weil eine höhere, unsichtbare Hand ihnen bauen hilft, so wird
das Nest auch so gut und fest, daß die Jungen vor Wind und Regen
trefflich geschützt sind, und daß die Alten viele Jahre lang ihr altes
Haus stets wohl erhalten finden und immer von neuem ihre Eier hinein-
legen können. Ein Naturforscher band einem Paar Schwalben, die in
seinem Hause nisteten, einen Seidenfaden an die Beine, um sie wieder
zu erkennen; und siehe, sie kehrten 18 Jahre lang in dieselben Nester
zurück, die so gut angelegt waren, daß selten eine Ausbesserung vor-
genommen wurde. Man nahm eine Rauchschwalbe zur Zeit als sie
brütete, verschloß sie in einen Käsig und reiste mit ihr viele Meilen
weit fort. Dann gab man ihr wieder die Freiheit, und der Vogel
erhob sich erst hoch in die Luft, als wollte er sich umschauen und zu-
recht finden: dann richtete er seinen Flug genau nach der Stelle hin,
wo er die junge Familie verlassen hatte.
Wenige Vögel wissen so schnell und geschickt zu fliegen, wie die
Schwalbe. Da sie vom Schöpfer auf einen fortwährenden Aufent-
halt in der Luft angewiesen ist und ihre Nahrung nur im Fluge er-
hascht^ so hat sie lange, an festen Muskeln befindliche Flügel bekom-
men, mit denen sie sehr leicht die Luft durchschneidet und schnell zu segeln
vermag. Zu schnellen Wendungen ist der getheilte, gabelförmige Schwanz
besonders geschickt. Wenn man erwägt, wie viele tausend Mal so ein
Vöglein seine Flügel den Tag hindurch schwingen muß, und doch bis
am Abend frische Kraft behält: so muß man die weise Ökonomie,
welche in die kleinen Muskeln so viel Kraft und Ausdauer legte, be-
wundern. Fast jeder große Vogel vermag in einem Tage 125 Meilen
zurückzulegen; die Schwalbe fliegt aber in einer Stunde zehn Meilen,
also 240 Meilen in einem Tage. Da bei der Schwalbe die Flüge!
entschieden die Hauptsachen sind, da sie wenig zum Sitzen kommt, noch
weniger zum Gehen, so sind auch ihre Füße demgemäß nur klein und
schwach gebildet, um den Flug so wenig als möglich zu behindern.
Dieselbe Weisheit, welche dem Huhne Gangfüße, dem Specht Klet-
terfüße, dem Falken die starken Fänge, dem Storche die langen
Beine zum Waten verliehen hat: die hat auch die Beine der Schwalbe
so klein und zart gebildet. Eben so ist der Schnabel, welcher nur leichte,
winzige Nahrung aufzunehmen hat, sehr klein und dünn, dabei ungebogen
Md pfriemförmig, um desto besser die Luft zu durchschneiden, ,und so
weit zum Auffperren, daß der ganze Schwalbenkopf in die Öffnung
hineinginge. Es sollen ja in die geöffnete Schnabelhöhle möglichst leicht
die Jnsellen hineinspazieren.
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
103
Im Herbste versammeln sich die Schwalben in großen Schaaren,
üben sich einige Wochen vorher, als wollten sie sich auf die große Reise
vorbereiten, und verschwinden dann plötzlich über Nacht. Gewöhnlich
geschieht diese Abreise im September: ist die Witterung mild, im Ok-
tober. Zuweilen werden einige, wenn sie der Insekten wegen an Süm-
pfen und Flüssen zu lange verweilen, von der Kälte übereilt, erstarren
und versinken in dem Schlamm. Diese sterben und können im Früh-
jahr weder durch die Sonnenwärme noch durch künstliches Erwärmen
ins Leben zurückgebracht werden. Allein eben so, wie im Herbst einige
sich verspäten, kommen auch andere im Frühling zu früh an, werden
von Spätfrösten in Erstarrung versetzt und liegen in einer Art von
Scheintod da. Diese sind es, weil sie nur kurze Zeit in ihrem todt-
ähnlichen Zustande verbleiben, welche durch die belebende Kraft der
Sonne oder durch künstliche Wärme wieder erweckt werden können.
Die Schwalben gehören zu den allernützlichsten Vögeln, obwohl wir
sie weder essen, noch sonst etwas von ihnen benutzen. Sie vertilgen
eine Menge schädlicher Insekten, und wenn sie hin und wieder ein Bien-
chen wegschnappen, so will das nicht viel sagen, zumal da sie nur Droh-
nen und niemals die mit einem Stachel versehene Arbeitsbiene nehmen.
Der gemeine Mann erkennt dankbar den Nutzen der Schwalben an, in-
dem er sie hegt und pflegt und es gern hat, wenn sie an sein Haus
oder in seine Scheune nisten; sie sind ihm, gleich den Staaren, ge-
heiligte, unverletzliche Vögel. Auch ist es merkwürdig, daß die
Schwalbe eine solche Anhänglichkeit an menschliche Wohnungen hat, ja
zuweilen bei offenen Fenstern sich nicht scheut, in das Zimmer zu kommen.
18. Der Sperling, genannt Spatz.
Wer hat wohl noch keinen Spatz gesehen? — Das wäre mir ein
merkwürdiger Mensch, so viel er sich auch auf seine Kenntnisse einbilden
dürfte. Der Spatz gehört zu den Gassenbuben unter den Vögeln.
Er sieht auch gerade so aus. In seinem dicken Kopfe stecken ein Paar
rothe, freche Augen, denen man sogleich ansieht, daß er sich um keinen
Menschen bekümmere, und daß es ihm einerlei sei, was man von ihm
denke. Von Zucht und Ehrgefühl hat er gar keinen Begriff. — Zu
diesem dicken Kopfe paßt ganz sein plumper Schnabel und sein freches
Geschrei. Er giebt sich nicht die geringste Mühe, anständig zu sprechen,
sondern schreit in den Tag hinein, wie es ihm in die Gurgel kommt.
— Sein Anzug paßt ganz zu seinem Wesen, und Eitelkeit kann
man ihm nicht vorwarfen. Er denkt nicht daran, was er an hat. Ge-
wöhnlich trägt er eine grobe, graue Jacke, auf welcher man nicht leicht
Schmutzflecken sehen kann; daher genirt ihn dieselbe auch wenig, und
er treibt sich damit auf dem Miste, im Kothe, in Lachen und auf
Feldern herum. Händel hat er mit seinen Kameraden alle Augen-
blicke, und dabei giebt es ein Geschrei, daß man es im ganzen Dorfe
hört. — Vor den Menschen hat er nicht die geringste Scheu und Ach-
tung. Er drängt sich überall herbei und macht sein Nest, ohne dich
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
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chen, Buchfinken und Waldtauben, der Kukuk und der Wiede-
hopf, die Storche und die Reiher, — alle ziehen sie fort in ferne
Länder. Unterwegs begegnet wohl manchem ein Unglück, aber die meisten
kommen glücklich ans Ziel.
Und wenn nun die Sonne auch bei uns wärmer scheint — siehe!
da kommen sie wieder, weit, weit her zu uns. Jeder sucht seinen Ge-
burtsort wieder auf; und die Schwalbe findet ihr Nest wieder am Dache,
und die Nachtigall das Gebüsch, in welchem sie vor einem Jahre sang,
alle finden die Stätte wieder, wo sie damals fröhlich waren und be-
ginnen von Neuem ihre schönen Lieder.
Ja, das ist sehr wunderbar, und kein Mensch kann's erklären, wie's zu-
geht. Wenn die Vögelchen sprechen könnten, so würden sie's wohl sagen.
21. Der Vöglein Abschied.
Wer klappert am Dache, mein Kindlein? horch, horch!
Ade, lieber Bauer! so rufet der Storch.
Nun, ade denn, du Dorf und ihr fleißigen Leufl,
Ihr Wiesen, ihr Sümpfe, wir scheiden ja heut'.
Gott segne das Hüttchen, auf dem wir gewohnt,
Er lass' es vor Feuer und Stürmen verschont.
Wenn lauer im Frühling die Lüfte dann weh'n,
Dann giebt es ein freudiges Wiederseh'n.
Ade! Ade!
Vom Bache noch einmal trinkt Nachtigall schnell.
Ade, liebe Fluren, so singet sie hell;
Ihr habt mich erquicket mit Speise und Trank,
Ich hab's euch gedanket mit schmetterndem Sang!
Nun seid ihr ermüdet, wollt schlafen auch geh'n, —
O möget im Lenze ihr wonnig ersteh'nl
Wir Vöglein, wir können so lange nicht warten.
Gott schirme indessen den schlummernden Garten!
Ade! Ade-!
Zum Fenster noch einmal blickt's Schwälblein hinein:
Ade, liebe Kinder, geschieden muß sein!
Ich hatte mein Nest an dem Fenster gebaut,
Ihr habet mit Freuden die Kleinen geschaut
Und gern auf mein Zwitschern des Morgens gehört,
Ihr habet mir nimmer den Frieden zerstört.
Drum möge auch euch in Freud' und Gefahren
Der Himmel die liebenden Eltern bewahren!
Ade! Ade! - (Löweoyetn.)
22. Das Rothkehlchen.
(Xii. Musterstück von Kellner.)
Ein Rothkehlchen kam in der Strenge des Winters an das Fenster
ekles frommen Landmanns. Der grimmige Frost hatte das arme Thier-
chen dahin getrieben, und es suchte ängstlich ein warmes Plätzchen. Der
Landmann öffnete aus Mitleid freundlich sein Fenster. Da flog das
zutrauliche Thierchen in die warme Stube. Aber es bedurfte auch
der Speise und pickte daher hungrig die verstreuten Brodkrümchen auf.
Die Kinder des Landmanns liebten das Vöglein sehr; sic legten ihm
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
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allerdings nicht angenehm ist, aber doch auch nicht mehr schadet, als
wenn man in Brennnesseln greift. Aber mit den Froschessern möchte
ich allerdings nicht zu Gaste sein, weil ihnen öfters statt Froschschenkel
Krötenschenkel aufgetragen werden.
Bewundernswürdig ist das zähe Leben der Kröte. Sie erträgt
nicht nur harte Verwundungen, selbst Quetschungen ihres ganzen Kör-
pers, ohne zu sterben, sondern man will auch cingewachsene Kröten in
Bäumen und Steinblöcken noch lebend gefunden haben. Diese müßten
Jahrhunderte, ja vielleicht Jahrtausende lang in diesen engen Behältern
gesessen haben, ohne Nahrung und ohne Luft. Es ist schwer zu glau-
den, wird aber gleichwohl versichert; und erwiesen ist allerdings, daß
die Amphibien sehr lange ohne Nahrung existiren können und in einer
Art Erstarrung die Winterzeit hinbringen. Vielleicht also, daß es auch
eine Erstarrung auf Jahrhunderte giebt. Ein Leben ist freilich ein
solches Dasein in einern engen dunklen Kerker ohne Luft und Licht, ohne
Bewegung und Nahrung nicht zu nennen. Da ist der Schmetterling
mit seinem Leben von wenigen Wochen glücklicher zu preisen.
24. Die Eidechsen.
Daß viele Menschen sich vor den Schlangen fürchten, davon
springen, oder sie des Lebens berauben, das ist noch wohl begreiflich,
weil man sie für gefährlich hält und im zweifelhaften Fall lieber eine
ungiftige todtschlägt, als von einer giftigen sich beißen läßt. Aber
warum sind viele Leute sogar den Eidechsen feind, diesen unschuldigen
Thieren, die niemanden beleidigen, niemanden schaden, vielmehr dem
Landmanne nützlich werden, indem sie von allerlei kleinen Insekten oder
sogenanntem Ungeziefer sich nähren? Höchstens können sie euch ein wenig
erschrecken, wenn ihr so in euren stillen Gedanken dahinwandelt und auf
einmal etwas im Laube rauscht. Aber wer ein gutes Gewissen hat,
muß sich gewöhnen, nicht vor allem zu erschrecken. Wer ein böses Ge-
wissen hat, dem ist freilich in diesem Punkt übel rathen. „Der Wind
im Wald, das Laub am Baum saus't ihm Entsetzen zu."
Nun, alle Leute sind so furchtsam freilich auch nicht, und im Früh-
jahr, wenn man wieder ins Feld und ins Grüne geht, und überall in
der mannigfaltigsten Gestalt das frohe Leben hervorwimmelt und laut
wird, bleibt auch wohl ein verständiger Mann einen Augenblick vor
einer Eidechse stehen, betrachtet ihr grünes Gewand, wenn es schöner
als Smaragd an der Sonne schimmert, bewundert ihre unnachahmliche
Geschwindigkeit und sieht mit Vergnügen ihren unschuldigen Spielen zu.
Dann geht er mit guten Gedanken seines Weges weiter, riecht an seinem
Frühlingsstrauß und kann sich nicht genug ergötzen an den blühenden
Bäumen und farbigen Wiesen umher.
Gott sorgt auch für diese Thiere. Sie haben nicht genug Wärme
in sich, um den Winter über dem Boden auszuhalten; auch würde es
ihnen an Nahrung und Gebüsch zum verborgenen Aufenthalt fehlen. Sie
verkriechen sich daher und bringen den Winter im Schlafe zu. Ohne
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feit mit einer Eidechse, a!S mit einer Schlange, und von Giftzähner;
und Giftdrüsen ist keine Spur Int ihm zu finden. Wer also sonst
keine Schm vor solchen Thieren hat, der kann eine Blindschleiche ohne
Gefahr anfassen. Sie stellen sich übrigens, wenn man sie ergreift, sehr
unbändig an, vertheidigen sich aber fast nie durch einen Biß. Sehr
leicht bricht dabei der Schwanz ab, was in dem eigenthümlichen Baue
desselben seinen Grund hat. Er besteht näiickich aus Ringen von kurzen,
kegelförmigen, hohlen Muskeln, von denen jeder mit der Spitze in der
Höhlung des folgenden steckt. Das abgebrochene Stück bewegt sich noch
lange fort, wird aber bcm Thiere nicht w'-.'der ersetzt, wie bei den Eidechsen.
Vom Mai bis September häutet sich die Blindschleiche jeden Monat
einmal. Ihre Nahrung besteht in nackten Schnecken, Regenwürmern
und glatten Raupen. Will sie einen Regenwurm verzehren, so nähert
sie sich demselben sehr langsam, befühlt ihn meist eher mit der Zunge,
sperrt langsam den Rachen aus und ergreift ihn dann endlich. Er
windet sich aus Leibeskräften; sie wartet, bis er ziemlich abgemattet ist
und verschlingt ihn dann nach und nach, den Kopf bald links, bald
rechts legend und so mit den Zähnen vorwärts greifend. Zwei mittel-
große Negenwürmer reichen zu einer Mahlzeit hin. Die Blindschleiche
kann, wenn's sein muß, ein halbes Jahr fasten.
Die Weibchen legen gegen Ende August 8 bis 10 Eier mit dünnen
häutigen Schalen, aus denen sich das Junge sogleich herauswüidet und
daraus seine Wege geht, ohne sich weiter um seine Mutter zu bekümmern.
Da ihnen die Kälte verderblich ist, so verkriechen sie sich ni, Herbst
und halten einen Winterschlaf, aus dem sie bei gutem Wetter jedoch
schon im März wieder erwachen.
26. Die Kreuzotter.
Giftige Schlangen finden sich in unserem Vaterlande selten, so daß
die Gefahr, durch dieselben gebissen zu werden, gar nicht in Vergleich
kommt mit der in heißen Ländern. Dennoch fehlen auch diese Geschöpfe
nicht ganz, und die Vorsicht gebietet, sie lieber durch Beschreibung
kennen zu lernen und sich vor ihnen zu hüte», als es aus eine jrfuiimne
Erfahrung ankommen zu lassen. Die Kreuzotter, auch die gemeine
Viper genannt, ist die gemeinste unter den wenigen giftigen Schlaugen-
arter; Deutschlands, kenntlich an Gest ult, Farbe und Größe, denn sie
ist 30 bis 60*™ lang und fingerdick, der Kopf ist blute» breit und
durch einen dünneren Hals von dem Nmnpfe geschieden, und auf dem
Kopse sind zwei schwarze Bogen, fast wie ein lateinisches X, duber der
Name Kreuzotter. Über den graubraunen Rücken läuft ein schwarzer
Zickzackstrcifen. Sie findet sich an feuchten und waldigen Orten, zwischen
Gesträuch und Felsgerölle. besonders bäufig am thüringer Walde.
Sie sonnt sich gern an offenen Stellen auf Sternen m'.d Holzstäimnen,
und frißt Würmer, Eidechsen, kleine Vögel und besonders Mause.
Ihr Biß ist nach der Menge des ingedrungenen Giftes und nach
der Wärme der Jahreszeit rnebr oder rveniger gefährlich, und bei Ver-
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